Prolog

25. Juli 1989

Um 15:35 fährt der Zug von Leipzig nach Berlin ab. Eine Reise hatte begonnen, die wir selbst noch wenige Monate vorher für unmöglich gehalten hätten.
Mit einem "Sammelvisum", also einem Zettel mit den Namen der 8 Teilnehmer und einem Siegel drauf sowie Tickets für die AEROFLOT-Flüge nach Novosibirsk und zurück in der Tasche hatten wir vor, so nahe wie möglich an der höchsten Berg des Altai-Gebirges, die 4506m hohe Belucha, heranzukommen.

Die Vorgeschichte ist schnell erzählt: Das notwendige Visum bekamen wir über eine offizielle Einladung eines Sportclubs der Universität Kazan, deren Mitglieder wir durch durch ein Austauschprojekt der Universitäten Kazan und Leipzig ein Jahr vorher kennengelernt hatten. Das diesjährige Ziel dieser Gruppe war eine Katamaranfahrt auf den Flüssen des Altai ...

Die Zusammensetzung unserer "Mannschaft" stand erst kurz vorher fest: Almut, Jörg, Stephen und ich kannten uns schon lange durch das gemeinsame Klettern in der Sächsischen Schweiz. Almuts Vater Christian hatte beschlossen, auch noch einmal etwas von der Welt zu sehen und kam ebenfalls mit. Und über etwas verschlungene Wege waren dann auch noch unser Expeditionsarzt Klaus und seine beiden Söhne, Christian und Tobias, mit dabei.

Wir übernachten in der kleinen Wohnung von Almuts Familie in Berlin. Keiner wußte so recht, wie diese Fahrt ausgehen würde, und so wurde, halb im Spaß, bereits erörtert, ab welchem Termin man uns als vermißt melden sollte.
Jörg hatte ein zusätzliches Problem: Beim Packen zuhause war er in seine für alle Fälle zurechtgelegten Steigeisen gesprungen - die Wunde am Fuß wurde noch am Vortag genäht. Jedenfalls waren wir auch deshalb froh, einen Arzt dabeizuhaben ...

26. Juli
Einsteigen ins Schwarztaxi

Wir mußten zeitig aufstehen, um 6:00 Uhr ging es los. Obwohl wir bisher nur zu fünft waren - unser Arzt mit Familie sollte erst in Moskau dazukommen - war der Familien-Trabant für den Transport nicht ganz ausreichend. Also hatten wir noch zwei Taxis bestellt, und so ging es mit jeweils bis zum Bersten gefüllten Rucksäcken Richtung Flughafen Schönefeld.
Die "INTERFLUG" brachte uns nach Moskau.

Die aus dem Ausland kommenden Maschinen landen normalerweise auf dem Flugplatz Scheremetjewo - einer von damals 5 großen Flughäfen Moskaus, im Nordwesten der Stadt gelegen.
Die gebuchte AEROFLOT-Maschine nach Novosibirsk flog natürlich woanders ab, vom Inlands-Flughafen Domodedewo, genau auf der entgegengesetzten Seite Moskaus. Vor allem für Flüge Richtung Mittelasien war dies der Ausgangspunkt.
Inzwischen waren auch unsere weiteren 3 Teilnehmer in Moskau-Scheremetjewo angekommen, und so konnten wir uns gemeinsam Gedanken machen, wie wir in relativ kurzer Zeit nach Domodedewo im Südosten Moskaus gelangen konnten. Wir hatten nur wenige Stunden Zeit für diesen Übergang; mit öffentlichen Verkehrsmitteln hätten wir es nur theoretisch schaffen können. Die Alternative haben wir vor dem Flugplatz gesucht: Schwarz-Taxis.

Flughafenfreisitz Domodedewo

Letztendlich war es auch kein Problem:
Den Linienbus, der für 300 Rubel seine Strecke hätte ausfallen lassen, haben wir nicht genommen, sondern einen Kleinbus, der uns pro Person 10 Rubel kostete.
Rechtzeitig kamen wir nach einer Stadt-Durchquerung in Domodedewo an; wir warteten im Flughafen-Cafe bei einer Flasche Limonade (jaja, Limonade; es war 1989 und Prohibition !) auf den Fortgang.
Erst kurz vor dem Abflugtermin erkannten wir, daß eine Meldung am INTOURIST-Schalter notwendig gewesen wäre; in großer Hast trugen wir dann unsere Rucksäcke außen über das Rollfeld und von hinten in die Gepäckabfertigung. Wir mußten zunächst für Übergepäck (es waren 25 statt 20 kg) nachbezahlen; statt Bordkarte gab es wie üblich bei AEROFLOT eine normale Postkarte, und so erreichten wir wenige Minuten vor Abflug die Maschine nach Novosibirsk.



Karte
Sowjetunion
Karte
Westsibirien
Karte
Altai