China 1993: Von Peking in den Tienschan


Oase Turfan

Während eines Ruhetages in Urumqi besorgten wir Busfahrkarten nach Turfan für den kommenden Tag. Ansonsten haben wir uns ausgeruht und sind wieder einmal essen gegangen: Huhn mit Erdnüssen und Reis bekamen wir serviert. Der Versuch, noch an diesem Tag die Fahrkarten für die Rückfahrt zu erwerben, schlug fehl, weil der Schalter gerade schloß. Außerdem wurde uns klargemacht, daß wir auch ansonsten keine Tickets bekommen hätten; der Grund dafür blieb unbekannt. Zu diesem Zeitpunkt nahmen wir diesen Mißerfolg im Vertrauen auf den Reiseführer ("kein Problem, kurz vor Abfahrt des Zuges Fahrkarten für den Soft-Sleeper zu bekommen ...") noch nicht ernst, was sich später noch rächen sollte.

Turfan: Gewürzhändler
Für unseren Ausflug nach Turfan deponierten wir überflüssiges Gepäck im Hotel und starteten am nächsten Morgen pünktlich um 9 Uhr vom Busbahnhof Urumqi Richtung Turfan.
Turfan liegt im Zentrum der Autonomen Region Xinjiang in einer 50000 km2 großen Talsenke, die mit 154m unter dem Meeresspiegel (See Aydingkol Hu) die tiefste Stelle Chinas und nach dem Toten Meer das zweittiefste Gebiet der Welt ist. Aufgrund der wenigen Niederschläge in dieser Oase inmitten von Wüste wurden im Lauf der Jahrhunderte über 1000 Brunnen und ein mehr als 3000 km langes Netz unterirdischer Kanäle angelegt, die das Schmelzwasser aus dem Tienshan in die Oase leiten. Auf diese Weise werden Melonen, Baumwolle und die weltbekannte kernlose, süße "Turfan-Weintraube" angebaut. Der an der Seidenstraße liegende Ort ist bereits seit 2200 Jahren als Handelsplatz bekannt.

Unser Bus ist typisch für Mittelasien: er hält gerade noch so zusammen, fährt aber ohne Pause in etwa 3 1/2 Stunden bis Turfan. Am Busbahnhof erwarten uns als Touristen gleich jede Menge Sightseeing-Tour-im-Minibus-Anbieter, die nicht locker lassen. Wir entscheiden uns für einen, der uns zunächst kostenlos zum Turfan-Hotel fährt. Dort will er uns dann eine ganztägige Bustour mit 8 Attraktionen für 250 Yuan verkaufen. Wir erhandeln schließlich eine 4-Attraktionen-Halbtages-Tour für 100 Yuan, durchzuführen an diesem Nachmittag.

Ruinen von Jiaohe Emin-Minarett

In der Umgebung gibt es eine Reihe von Sehenswürdigkeiten: 10 km außerhalb liegt zum Beispiel die Ruinenstadt Jiaohe. Diese war früher Hauptstadt des Cheshi-Reiches, welches im 14. Jahrhundert von Dschingis Khan endgültig zerstört wurde. Auf einem 1000 x 300 m großem Plateau sind eine Vielzahl von dachlosen Lehmhäusern und eine Tempelruine zu besichtigen.
Ein weiterer Punkt war ein Einstieg in das unterirdische Kanalsystem der Turfan-Senke (Karez), dort gab es bestes Gebirgs-Mineralwasser (mit Zertifikat) zu trinken. Gleich darüber schattige Wege unter Turfan-Weinreben; an den Trauben haben wir uns erstmal sattgegessen.

Der Tag war heiß und staubig, und bei der Weiterfahrt im Minibus zur nächsten Sehenswürdigkeit stellten wir fest, daß unser Fahrer mitsamt Begleiter die Pausen genutzt hatte, um sich völlig zu betrinken. Vor uns sahen wir Hühner und Anwohner der Dorfstraße zur Seite springen, als wir uns in Schlangenlinien mit hohem Tempo näherten. Wir brachen die Tour daher ab und ließen uns die Hälfte des Geldes wieder auszahlen; der Fahrer begann dann aber volltrunken mit uns einen heftigen Streit. Der zunehmende Menschenauflauf führte dazu, daß wir vom Ortspolizisten in einer kurzfristig beschlagnahmten Rikscha zum Revier gebracht wurden. Dort konnte nach einigen Stunden das Geschehen zu unseren Gunsten geklärt werden und es wurde uns der inzwischen im Verlies sitzende Fahrer gezeigt.

Weinbäuerin mit Erntewagen
Die Lust an weiteren Abstechern hatten wir jedenfalls verloren, den Abend verbrachten wir im schattigen Innenhof des Hotels bei einer Tanzaufführung.

Per Eselskarren fuhren wir am nächsten Morgen noch zum Emin-Minarett. Die Moschee wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im afghanischen Stil aus Lehm errichtet und hat die Jahre der "Kulturrevolution" relativ unbeschadet überstanden.
Rückzu bummeln wir durch die engen Altstadtgassen von Turfan. Der Boden ist extrem staubig, aber überall bieten weinüberrankte Innenhöfe und Fußwege Schatten. Es ist faszinierend, wie die ausschließlich unterirdische Bewässerung soviel Pflanzenwuchs im Wüstenklima zuläßt.

Gegen 13 Uhr verlassen wir Turfan wieder und checken abends zum nunmehr dritten Mal in unserem Hotel in Urumqi ein.







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