China 1993: Von Peking in den Tienschan
Ankunft am Himmelssee
Am Morgen des 2.September hieß es zeitig aufstehen, wir wollten mit dem Charter-Bus
zum Himmelssee.
Gegen 8:00 Uhr ging es los; für die mehrstündige Fahrt hatten wir 15 Yuan bezahlt.
Allerdings stellte sich später heraus, daß der Eintritt in die Bergregion auch
noch einmal was kostet ...
Zunächst ging es aber durch Industrie-Vororte von Urumqi, erst nach vielen
Kilometern weichen die flach bebauten und staubigen Industriegelände zurück -
und wir sind in der Wüste.
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Busstation Himmelssee |
Aber die Berge des Tienschan sind nicht weit, unser Kleinbus schraubt sich schon bald
enge Serpentinen hinauf.
Wie immer in solchen Siuationen macht man sich Gedanken über den technischen Zustand
des Fahrzeugs und über das Können des Fahrers ...
Irgendwann sind die 2000 Höhenmeter überwunden, Kioske in Holzhütten, Jurten und
einige wenige feste Gebäude werden sichtbar.
Die Straße endet an der Nordspitze des etwa 3 Quadratkilometern großen und in
Nord-Süd-Richtung 6 km langen Himmelssees (Tianchi-See).
Es herrscht reger Betrieb, vor allem von Tagestouristen, meistens Japanern.
Unser Bekannter aus Urumqi, der Jurtenbesitzer Rashit, empfängt uns bereits.
Er führt uns am Seeufer einen steinigen Pfad entlang.
Es wird ein längerer Marsch als erwartet - die Zahl der fotografierenden Japaner
nimmt langsam ab.
Nach etwa 2 Kilometern kommen einige Jurten in Sicht.
Inzwischen sind wir völlig allein - kein Tagestourist dringt so weit vor.
In einer der Jurten werden wir von Rashits Frau freundlich empfangen.
Zur Begrüßung gibt es Tee - gesalzen und mit Ziegenmilch.
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In der Jurte |
Eine entscheidende Voraussetzung für unseren geplanten Ausflug in die Berge
hatten wir bisher vernachlässigt:
Die Beschaffung von Benzin für den Kocher.
Zwar gab es in den Städten nicht wenige PKW (meist als Taxi),
aber wir hatten weder in Peking noch in Urumqi jemals eine Tankstelle zu
Gesicht bekommen.
Nun versuchten wir, unserem Gastgeber unseren Wunsch zu vermitteln.
Er verstand etwas Englisch, allerdings waren wir uns nicht sicher, ob er
den Unterschied von Benzin und Diesel anhand der Erklärung von großen und
kleinen Autos wirklich begriffen hat ...
Jedenfalls ging ich mit ihm nochmal los, er sprach mit mehreren Leuten,
aber ohne Erfolg.
Auch ein Mopedfahrer wollte sich nichts aus seinem Tank zapfen lassen.
Ich gewann den Eindruck, daß Benzin in China etwas besonders Wertvolles ist.
Zu guter Letzt gelangten wir zum größten Haus am Himmelssee - offensichtlich
einer Art Polizeistation.
Davor jemand in Uniform, an einem Jeep herumbastelnd.
Und neben sich hatte er einen Blecheimer mit sauberem Waschbenzin.
Etwas Besseres könnte man für unseren Juwel-Kocher kaum finden.
Umständlich erklärten wir unser Anliegen, er begriff es auch,
aber gab mir zu verstehen, daß diese Region unter Schutz stehe und deshalb
Feuer völlig verboten sei.
Er sagte es und tauchte den Ölfilter seines Jeeps ins Waschbenzin.
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Blick auf den Himmelssee |
Eigentlich gaben wir nun die Hoffnung auf, einen Ausflug in die Berge
machen zu können.
Als letzte Möglichkeit übergab ich Rashit die leere Benzinflasche nebst einem Trinkgeld
gegen das Versprechen, sich bei seinem Bruder zu kümmern.
Dieser sollte am anderen Ende des Sees wohnen und helfen können.
Zunächst hätte aber auch das Wetter eine Bergtour nicht zugelassen:
Es war bedeckt und sollte Regen geben.
Am Nachmittag stiegen wir hinter den Jurten den Hang hinauf und konnten so
einen richtig guten Blick auf den See genießen.
In der Jurte ließen wir es uns danach unter Bewirtung durch Frau und
Tochter von Rashit gutgehen.
Das Essen, das uns serviert wurde, schmeckte und war bekömmlich.
Abends gab es Reis mit Kohlgemüse.
Wir stellten fest, daß er offenbar Gäste aus Europa bevorzugte,
an diesem Abend waren außer uns noch zwei junge Leute aus der Schweiz da,
und am nächsten Tag sollten zwei Franzosen kommen.
So kam auch beim Warten auf besseres Wetter und Benzin keine Langeweile auf.

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